„Man sah bedenkliche Gesichter“

30. Januar 1933: Die sogenannte „Machtergreifung“ in Aachen vor 80 Jahren. Innerhalb eines halben Jahres hatte die NSDAP ihre Position gefestigt.

Vor 1933 hatte die NSDAP Probleme, in Aachen Fuß zu fassen. Das lag zum einen am braunen Personal vor Ort, vor allem aber an der streng katholischen Ausrichtung der Bevölkerung im Rheinland – da wählte man brav das Zentrum. Nach dem 30. Januar 1933, dem Tag der sogenannten „Machtergreifung“, als Adolf Hitler in Berlin zum Reichskanzler ernannt wurde, konnten die Nationalsozialisten allerdings wie in anderen Regionen Deutschlands erschreckend schnell und relativ problemlos alle wichtigen Schaltstellen besetzten. Innerhalb eines halben Jahres hatte die NSDAP ihre Position gefestigt und saß fest im Sattel.

Der 30. Januar 1933 war kein besonderer Tag in Aachen. „Reichskanzler Adolf Hitler“ titelte das „Politische Tageblatt“ des Aachener Anzeigers schlicht und einfach in der Abendausgabe. Ein Regierungswechsel wie jeder andere? Das „Echo der Gegenwart“, die zweite Aachener Tageszeitung, war da skeptisch. „Der 30. Januar 1933 wird einmal in der Geschichte der deutschen Nachkriegszeit ein wichtiger Tag sein. Man muß freilich ernstliche Befürchtungen haben, in welchem Sinne er wichtig und bedeutsam werden wird“, formulierte das der Zentrumspartei nahestehende Blatt vielsagend.

Empfang für Hermann Göring auf dem Blücherplatz anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerschaft im Juli 1933. Rechts neben ihm im Wagen sitzt NSDAP-Gauleiter Josef Grohé.
Foto: zur Verfügung gestellt von Dietmar Kottmann

Es gab keine Aufmärsche oder Feiern wie in anderen Städten, auch die örtliche NSDAP verhielt sich ruhig. „Es war erst mal ein Tag wie jeder andere. Aber man spürte, wie soll ich sagen, eine gewisse Unruhe. Man sah bedenkliche Gesichter“, erinnert sich Hein Kolberg. Der damals Elfjährige wuchs in der Peterstraße auf. „Das war damals eine ganz schmale Straße. Die Gegend war ein Arbeiterviertel, in der Hauptsache KPD, und in den 20er Jahren ein Armenviertel. In diesem Viertel waren Menschen, die die Nazis nicht wollten.“ Umso verständlicher war dort die Besorgnis angesichts der Regierungsübernahme Hitlers. „Es wurde ja in diesem Viertel offen diskutiert. Wenn die Nazis kommen, dann sieht es schlecht aus für die Kommunisten und die Sozialdemokraten. Das war uns klar. Dann ist die Demokratie weg“, sagt Kolberg. Vorahnungen, die schneller als von den meisten gedacht Realität wurden.


Polizei unter NS-Kontrolle

Als Hitler die Kanzlerschaft übernahm, waren die Nationalsozialisten nur zu dritt in der Reichsregierung. Aber sie saßen an den Stellen, die nötig waren, um die Sicherheitsorgane schnell unter Kontrolle zu bekommen. Einen Aspekt, den das „Echo der Gegenwart“ bei seiner Berichterstattung am 30. Januar immerhin kritisch ansprach. Da die Polizei auch damals schon Ländersache war, war Hermann Göring der entscheidende Mann. Er übernahm kommissarisch das preußische Innenministerium, war in dieser Funktion für die mehrere 10.000 Mann starke Polizei des mit Abstand größten deutschen Landes zuständig. Und als solcher griff er schnell durch.

Noch am 10. Februar hatte sich der Aachener Polizeipräsident Dr. Arthur Drews jegliche Einmischung der SA in die Polizeiarbeit verboten, gut zwei Wochen später wurde er entlassen. Drews war vor 1933 immer wieder gegen die NSDAP und die SA vorgegangen. Durch Erlasse Görings wurde nicht nur die „Zuverlässigkeit der Beamten der politischen Polizei hinsichtlich ihrer nationalen Gesinnung“ überprüft, und Drews’ Gesinnung war aus Sicht der NSDAP natürlich extrem unzuverlässig, sondern auch eine sogenannte Hilfspolizei aufgestellt. Am 12. März wurden aus Aachen die Einstellung von 100 Hilfspolizisten gemeldet, 32 aus der SS, 46 aus der SA und 22 aus dem Stahlhelm, einem paramilitärisch organisierter rechtsnationalen Wehrverband ehemaliger Frontsoldaten. Ausbildung für die neuen Polizisten: Keine. Rechtliche Kenntnisse: Keine. Untergebracht war die Aachener Hilfspolizei in der Gelben Kaserne, die auf dem Gelände des heutigen Kennedyparkes stand und Anfang der 60er Jahre abgerissen wurde.

Ein Vorgehen, wie es im gesamten Reich über die Bühne ging: SS und SA wurden quasi-staatliche Exekutivorgane, die berechtigt waren, gegen den politischen Gegner oder beliebige Andersdenkende vorzugehen. „Die Nazis sind ein paar Tage später in unser Viertel einmarschiert. Mit der Fahne“, kann sich Hein Kolberg erinnern. „Sie haben Bekannte aus der Wohnung geholt. Die mussten auf dem Bürgersteig stehen und die Fahne grüßen. Wenn sie es nicht machten, bekamen sie Schläge. Das war SA, und zugegen war sogar die Polizei. Das habe ich gesehen. Ein SA-Mann, der hatte eine Armbinde, da stand drauf ,Hilfspolizei‘.“ Der braune Terror war nun staatlich legitimiert.

Grundlage zur Errichtung der Einparteiendiktatur war das Ermächtigungsgesetz vom 24. März, mit dem sich der Reichstag selbst abschaffte. Die Gesetzgebung, ureigenes Recht des Parlamentes, wurde vom Reichstag auf die Regierung übertragen, die Gewaltenteilung aufgehoben. Zuvor waren bereits durch die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes“ vom 04. Februar und die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar, die sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“, die meisten Grundrechte außer Kraft gesetzt worden. Dazu zählten die Freiheit der Person, die Unverletzlichkeit der Wohnung, Brief- und Postgeheimnis, Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlungs- und Vereinsfreiheit. Die anderen Mitglieder der Reichsregierung, Deutsch-Nationale, im Kabinett eigentlich in der Mehrheit, machten mit.

Gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte im Reichstag nur die SPD, ein letzter Akt parlamentarischen Widerstandes. Die KPD-Abgeordneten waren schon gar nicht mehr dabei, waren geflohen oder saßen in Haft. In Aachen begann die vor allem gegen die Kommunisten gerichtete Verhaftungswelle auf Basis der Reichstagsbrandverordnung erst nach der Reichstagswahl am 5. März. Die Gefängnisse der Stadt waren schnell überfüllt. „Alle bekannten Kommunisten wurden verhaftet und kamen, wie man damals sagte, in Umerziehungslager. Ein Teil ist abgehauen nach Belgien, nach Holland, und hat versucht, Widerstand zu leisten. Zum Beispiel mit Flugblättern“, beschreibt Hein Kolberg die Lage. „Wir wussten, der und der ist verhaftet worden. ,Ist geholt worden’, hieß es. Und in den Kneipen hieß es, wenn ein Witz erzählt wurde, ,Halt den Mund, sonst kommst du ins Lager’. Also das Wort ,Lager’ war schon im Munde. Es hieß noch nicht Konzentrationslager.“ Die Menschen wurden vorsichtig, ein Klima der Angst machte sich breit.

Trotzdem erreichten die Kommunisten bei der Kommunalwahl am 12. März in Aachen noch ein erstaunlich gutes Ergebnis, das Zentrum blieb stärkste Partei. „Deutschland im Zeichen der nationalen Erhebung ... Säuberung und Bereinigung“ titelte der „Politische Anzeiger“ am folgenden Tag. Und schrieb weiter: „Das bemerkenswerteste Moment der Kommunalwahl ist der katastrophale Rückgang der Kommunisten ... eine ganz erfreuliche Stimmenminderung und ein Beweis dafür, daß die anständige Arbeiterschaft nichts mit den Terroristen zu tun haben will.“ Der Druck auf die Presse zeigt erste Resultate. Der Anzeiger war schnell auf Linie der neuen Machthaber in Berlin. Beim „Echo der Gegenwart“, das noch bis 1935 erschien, dauerte es etwas länger.


Hitler und Göring Aachens Ehrenbürger

Zur ersten Sitzung der neuen Stadtverordnetenversammlung am 29. März waren SA und SS auf dem Markt aufmarschiert. Das machte Eindruck, schüchterte ein. Die gewählten Kommunisten hätten ihre Verhaftung riskiert und erschienen gar nicht erst. Über dem Stuhl des Oberbürgermeisters hing schon nicht mehr die schwarz-rot-goldene Flagge der Weimarer Republik, sondern das kaiserliche Schwarz-Weiß-Rot und das Hakenkreuz. Das hatte Reichspräsident Hindenburg zwei Wochen zuvor verfügt. Einziger Tagesordnungspunkt der ersten Sitzung war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Adolf Hitler. „Unverzagt und unentwegt war des Kanzlers Streben, den deutschen Aufstiegswillen zu wecken und zu fördern“, formulierte Oberbürgermeister Wilhelm Rombach. Die SPD war dagegen, das Zentrum stimmte zu, wie es zuvor schon im Reichstag dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt hatte und so Hitler die für eine Verfassungsänderung notwenige Zweidrittelmehrheit verschaffte. Dieses Signal aus Berlin wirkte in fataler Weise auch in die Länder und Kommunen. Hinzu kam, dass die Bischofskonferenz in Fulda ihre Warnung vor den Nationalsozialisten einen Tag zuvor zurückgenommen hatte.

Hermann Göring mit Gefolge vor dem Aachener Rathaus.
Foto: zur Verfügung gestellt von Dietmar Kottmann

Am 25. Juli beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Ehrenbürgerschaft auch an Hermann Göring zu vergeben. Andere Parteien als die NSDAP waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in dem Gremium vertreten. Die Deutsche Volkspartei (DVP) war die erste Partei in Aachen, die sich auflöste. Schon am 11. April empfahl die Ortsgruppe ihren Mitgliedern, zur NSDAP zu wechseln. Am 10. Mai wurde das Vermögen der hiesigen SPD beschlagnahmt, im selben Monat löste sich die Ortsgruppe de facto selbst auf, noch vor dem offiziellen SPD-Verbot am 24. Juni. Das Zentrum folgte Anfang Juli. Am 14. Juli beendete das „Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“ auch formell den politischen Pluralismus.

Göring kam am 27. Juli anlässlich des Reitturniers persönlich nach Aachen und wurde begeistert empfangen. Allerdings war die Begeisterung auch gut organisiert: Es war schulfrei, Behörden und Firmen hatten zu. „Es waren tausende bei den Nazi-Kundgebungen“, erinnert sich Hein Kolberg an NSDAP-Veranstaltungen in seiner Heimatstadt. „Die haben damals zwei Mark bekommen, wenn sie auf die Kundgebung gehen. Die haben sich im Betrieb getroffen und sind dann zum Bendplatz marschiert, wo meistens die großen Kundgebungen stattfanden. Zwei Reichsmark – ein Bier kostete 15 Pfennig. Da war der Opportunismus nicht weit.“

Das galt auch in vielen anderen Bereichen, oft ging es schlicht um die eigene Existenz. Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April schuf die rechtliche Grundlage zur Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes. Missliebige Beamte konnten aus dem Dienst entfernt werden – wer sich nicht zu den neuen Machthabern bekannte, hatte keinen Job mehr. In der Aachener Stadtverwaltung wurden 50 Beamte entlassen, bei der Bezirksregierung musste etwa ein Drittel gehen. Ebenso systematisch wurde das kommunale Führungspersonal ausgetauscht, Polizeipräsident Drews war nur der Anfang. Regierungspräsident Georg Strieler wurde durch Eggert Reeder ersetzt, OB Rombach trotz einiger Zugeständnisse im Juli 1933 durch den Alt-Nazi Quirin Jansen, dessen primäre Qualifikation die lange Parteimitgliedschaft war. Göring schuf als preußischer Ministerpräsident auch die Gestapo. Leiter der hiesigen Staatspolizeistelle wurde Dr. jur. Hans Nockemann, ein gebürtiger Aachener.


„Führerprinzip“ bis auf die kommunale Ebene

Die Stadtverordnetenversammlung beschloss zwar noch die beiden Ehrenbürgerschaften, ihre reguläre Arbeit konnte sie aber nicht mehr aufnehmen. In mehreren Schritten wurde die Kommunalverfassung radikal umgebaut. Am Ende des Prozesses der Zentralisierung wurden die Bürgermeister nach dem „Führerprinzip“ von der nächst höheren Instanz berufen, die nun Ratsherren genannten Abgeordneten hatten nur noch beratende Funktion und wurden ebenfalls nicht mehr gewählt, sondern auf Vorschlag des Gauleiters vom Regierungspräsidenten ernannt. „Es ist zunächst festzustellen, dass die heutigen Ratsherren mit den früheren Stadtverordneten nichts mehr – aber auch gar nichts mehr – gemein haben. ... Es gibt keine Majoritätsentscheidungen, sondern nur verantwortliche Personen und das Wort ,Rat‘ wird wieder zurückgeführt auf seine ursprüngliche Bedeutung“, erklärte OB Jansen zur Einführung der Ratsherren am 1. Oktober 1935.

Ein Jahr zuvor, am 7. September 1934, waren die Deutschen noch einmal an die Urne genötigt worden. Nach dem Tod Hindenburgs wollte Hitler die Positionen von Präsident und Kanzler in seiner Person vereinigen, das zugehörige Gesetz war schon am 1. August verabschiedet worden. In Aachen stimmten nur 71,1% zu, das schlechtestes Ergebnis im gesamten Reich. Aber das war nicht mehr als eine symbolische Geste. Der Regierungswechsel vom 30. Januar war keiner wie jeder andere.

Wolfgang Birkenstock



Die NSDAP in Aachen

Die erste NSDAP-Ortsgruppe in Aachen wurde vermutlich Ende 1922 gegründet. Erster Vorsitzender war ein Gastwirt namens Adolf Frömbken. Das kleine Grüppchen Völkisch-Rechtsradikaler wurde aber schon im folgenden Jahr von der belgischen Polizei aufgelöst, da sich Parteimitglieder, darunter Rudolf Schmeer, an Sabotageakten beteiligt hatten. Aachen war als Folge der Niederlage im Ersten Weltkrieges bis 1929 von belgischem Militär besetzt.

1926 erfolgte die Neugründung, diesmal unter Rudolf Schmeer. Etwa 20 Männer umfasste die neue Ortsgruppe, vier aus der Familie Schmeer. Ein früher Förderer der NSDAP in Aachen war der Inhaber der Maschinenfabrik Max Mehler. Rudolf Schmeer war dort tätig, ebenso Quirin Jansen, der 1933 Oberbürgermeister wurde.

Aufmarsch der SA in der Burtscheider Straße. Die Aufnahme stammt vermutlich aus dem Jahr 1932, als die SA verboten war und nicht in ihren braunen Uniformen auftreten durfte.
Foto: zur Verfügung gestellt von Dietmar Kottmann

Bei der Kommunalwahl 1929 erreichte die NSDAP ein Mandat. Dr. med. Hans Schoeneck, mittlerweile Ortsgruppenleiter, nachdem Rudolf Schmeer zum Bezirksleiter ausgestiegen war, zog in die Stadtverordnetenversammlung ein. Doch ein richtiger Erfolg der NSDAP mochte sich in Aachen nicht einstellen. Die sogenannte „Schmeer-Clique“ leistete sich einen mehr als ausschweifenden Lebensstil. Das kam bei der streng katholischen Bevölkerung gar nicht gut an. Zudem warnte im März 1931 die Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz in einem Hirtenbrief vor den Nationalsozialisten – das hatte Gewicht.

Auch innerparteilich gab es immer wieder Ärger und Querelen. Eduard Schmeer bediente sich als Aachener SA-Führer nach Belieben in der Parteikasse. Doch dank der guten Beziehungen der Schmeers zu Gauleiter Josef Grohé und Dr. Robert Ley, Grohés Vorgänger und mittlerweile in der Reichsleitung der Partei in München tätig, konnten sie den Kopf immer wieder aus der Schlinge ziehen, ihre Positionen behaupten und sogar Karriere in der Partei machen. Insgesamt aber herrschten recht desolate Zustände in der Aachener NSDAP. Der Historiker Elmar Gasten schätzt in seinem Buch „Aachen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 - 1944“, dass die Partei Anfang 1933 rund 1100 Mitglieder hatte. Ein unterdurchschnittlicher Wert im Reichsvergleich. Der Gau Aachen-Köln lag, was die NSDAP-Mitgliedschaften anging, auf Platz 31 der 32 Gaue. Nach dem 30. Januar 1933 gab es allerdings überdurchschnittlich viele Parteieintritte.

Am 28. Juni 1932 hielt Adolf Hitler eine Wahlkampfrede in der Radrennbahn in Kummerück. Das war aus Sicht der hiesigen NSDAP der Höhepunkt ihrer Propagandatätigkeit. Kummerück gehört damals noch nicht zu Aachen. Auch später, als Reichskanzler, besuchte er nie die alte Reichsstadt.

Wolfgang Birkenstock



Parteienlandschaft in Aachen

So richtig warm wurden die Rheinländer, gut katholisch, nicht mit den protestantischen Preußen, zu denen sie seit 1815 gehörten. Wie schon bei den letzten Wahlen im Kaiserreich war die 1870 als Vertreterin des politischen Katholizismus’ gegründete Deutsche Zentrumspartei auch in der Weimarer Republik die stärkste politische Kraft in unserer Region. Bei den beiden Reichstagswahlen 1932 blieb das Zentrum im gesamten Regierungsbezirk nur knapp unter 50%, in der Stadt Aachen kam es auf gut 42%.

Die NSDAP hingegen erreichte in einer freien Wahl nie auch nur 20%. Ihr bestes Ergebnis erzielte die braune Partei im Juli 1932 mit 14,7% im Regierungsbezirk, 18,0% in der Stadt und 14,0% im Kreis. Bei der Wahl im November dieses Jahres sackte die NSDAP einige Prozent ab, selbst beim schon nicht mehr freien Urnengang am 5. März 1933 kam Hitlers Partei nur auf gut 26% im Regierungsbezirk und im Stadtkreis sowie auf 22,7% im Landkreis. Das Zentrum blieb vorne: 43,1% im Regierungsbezirk, 37,9% in der Stadt, 35,9% im Kreis.

Die SPD war nie sonderlich stark im Westen des Reiches. Schon bei den ersten Reichstagswahlen in der Weimarer Republik waren in Aachen nur maximal 15% drin, danach bewegten sich die Sozialdemokraten meist im einstelligen Bereich. Ende der 20er Jahre hatten die radikalen Parteien Zulauf, nicht nur die NSDAP, sondern auch die Kommunisten. Bei der Reichstagswahl im September 1930 erreichte die KPD als zweitstärkste Partei in Aachen über 24%. 1932 konnte die KPD diese Position noch ausbauen. Bei der letzten Wahl im März 1933 kamen die Kommunisten auf 21,8%, obwohl die Partei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr öffentlich auftreten durfte.

Auch bei den Kommunalwahlen lag das Zentrum vorne, selbst noch beim Urnengang am 12. März 1933. 23 Stadtverordnete stelle die katholische Partei, die NSDAP kam auf 17, die SPD auf fünf, die Kommunisten auf sechs. Bei der Wahl im November 1929 hatten die Braunen ihr erstes Mandat erreicht, das Zentrum hatte mit 27 Sitzen die absolute Mehrheit. Dem entsprechend stellte das Zentrum auch die entscheidenden Mandatsträger. Oberpräsident der Rheinprovinz mit Sitz in Koblenz war seit 1922 Johannes Fuchs. Als Regierungspräsident fungierte von 1922 bis 1928 Wilhelm Rombach, danach Georg Strieler. Rombach wurde 1928 Oberbürgermeister der Stadt Aachen.

Die Zuwächse der NSDAP bei den Wahlen resultierten primär auf der Aktivierung bisheriger Nichtwähler und der Gewinnung von Neuwählern, denn in absoluten Zahlen verloren die anderen Parteien nicht wesentlich an Zuspruch.

Wolfgang Birkenstock